Von Schamanen und Banditen, Eine abenteuerliche Amazonas Querung des Eckernförder Abenteurers 2500 km durch Peru, Bolivien und Brasilien
Der Innenraum der kleinen Holzhütte im Dschungel des Rio Tambopata füllt sich langsam mit dem Rauch seiner würzigen Mapacho Zigarre. Unaufhörlich bläst er den Rauch in alle Richtungen und singt dabei beschwörend uns unverständliche Lieder in Quetchua Sprache. Die Lieder, Icaros, öffnen ihm akustisch die Pforte zur Welt der Geister. Der braune, bitter- holzig schmeckende Sud den wir vorab getrunken hatten, beginnt zu wirken. Ich befinde mich mitten in einer Ayahuasca Reinigungszeremonie und die“Reinigung“ setzt gerade ein. Ich kotze mir buchstäblich die Seele aus dem Leib, mein Körper glüht. Irgendwann falle ich ermattet in eine Art Wachschlaf. Wie lange? Ich kann nur schätzen und die erlebten Träume und Halluzinationen sind zu persönlich, um sie zu schildern. Am morgen fühle ich mich matt, zerschlagen, erleichtert und zugleich gereinigt. Und so ist sie auch zu verstehen, die tausende Jahre alte Ayahuasca Reinigungszeremonie, zu der uns Roberto ein im ganzen Amazonasgebiet bekannter Schamane eingeladen hatte.
Ja, Amazonas….Vor einiger Zeit war unsere Kleine Gruppe in Cusco gestartet…..zunächst über die Anden auf der berüchtigte Passstrasse „Camino de la Muerto“ . Kokablätter kauend gegen die Höhenkrankheit und auch gegen die Angst, die Strasse der Toten zu befahren. Strasse ist zuviel gesagt, eigentlich ein unbefestigter Weg, so schmal, dass entgegenkommende LKWs nur mit grossem fahrerischen Können zu begegnen ist. Wir fahren stets nahe an Abgründen die bis zu 1000 m ins nichts führen. Zertrümmerte Fahrzeugwracks zeugen davon. Dabei sitzen wir im Freien, auf unserem Gepäck auf der Ladefläche eines alten Pickup. Und immer wieder dringt der Ruf „Roberto die Blätter sind alle“ in das Innere der Fahrerkabine.
Von Minusgraden in den Anden geht es herunter in die 35 grad schwül-warme Ebene. In einem hier typischen Expeditionsboot, ähnl. Einer Piroge dann weiter den Rio Madre de Dios hinunter, ein klarer Gebirgsfluss mit schönen „ Rauschen“ aber auch mit gefährlichen Stromschnellen, vorbei an unendlich erscheinendem Regenwald, gelegentlich unterbrochen von Siedlungen der Indigenen.
Die abendlichen Lager wechselten vom Feldbett , mit einfachen Unterkünften in Baracken und Dörfern der Indianer. Ein steter Kampf gegen Moskitos, Sandflöhe, Scorpione ( einer hatte mich bereits zu Anfang der Tour gestochen) und Taranteln. Schlangen , obwohl es in peruanischen Dschungel etwa 200 giftige Vertreter gibt, haben wir selten gesehen. Kaimane, Tapire, Pecaris, Tucane und vielerlei Papageien, Kolibris und Riesige bunte Schmetterlinge waren unsere täglichen Begleiter. Bei unseren mit Macheten bewaffneten Streifzügen in den Dschungel, auf der Suche nach essbaren Früchten, um unsere Reis und Bohnengerichte und gebratene Piranjas zu verbessern, stiessen wir immer wieder auf Jaguar Spuren. Jedoch der wahre Herrscher des Dschungels war viel zu schlau um sich blicken zu lassen. Dennoch, mich beschlich hin und wieder ein dumpfes Gefühl, dass er uns beobachtet.
Insgesamt betrachtet ist das kleine Viehzeug gefährlicher als die Grossen Tiere. Vorne Weg die sog. 24 Stunden Ameise eine Bis zu 4 cm grosse tropische Riesen Ameise, deren Biss für 24 Stunden Höllenqualen erzeugt. Man hat das Gefühl, bei lebendigem Leib zu verbrennen. Der indigene Stamm der Sateré Mawé führt mit diesen Ameisen eine Art Mannbarkeitszeremonie durch, das Tucandeira Ameisen-Ritual . Will ein junges Paar dort heiraten, so wird die Braut für ein halbes Jahr weggesperrt um abgeschirmt von den Augen der Öffentlichkeit“ Haushalt“ zu lernen ( Kochen, Weben usw.) Für den künftigen Eheman gehts nicht so glimpflich ab. Er muss um seinen Mut, seine Stärke zu beweisen in einen Handschuh mit den 24 Stundenameisen greifen. Und wie uns der Schamane versichert, gibt es dabei auch Tote.
Im Grenzgebiet zu Bolivien warteten jedoch andere Gefahren auf uns …..Illegale Goldsucher! Mit selbstgebauten mit grossen Saugern bestückten „Pramen“ wird der Schlamm der Amazonasflüsse nach Gold abgesucht. Und, wir konnten uns selbst überzeugen….es gibt dort Gold…mehr Gold als am Yukon.
Unser Pech, dass dieses Schürfen meist als illegal eingestuft wird. Um als legal zu gelten, muss ein Schürfer horrende Summen an korrupte Staatsdiener abdrücken. Kann er nicht bezahlen, wird er als illegal eingestuft. Irgendwann kommt dann ein Schnellboot der Armee und beschiesst, zerstört die Goldanlagen. Ob dabei Menschen zu Schaden kommen, zweitrangig! Wir landen in Boca Madre de Dios, einem dieser schnell hochgezimmerten Bretterdörfer in der Region „ El Diamante“. Unser Blick fällt auf das handgeschriebene Holzschild „ Bar“. Vor unseren Augen erscheinen frisch gezapfte Biere. Die „ Bar“, ein Abbild früher Bud Spencer und Terence Hill Filme. Holzveranda, Bretterbude, einfach gezimmerte Tische, primitiver Tresen, darauf Flaschen mit der handgeschriebenen Aufschrift „ Whisky“. Wobei der Inhalt eher nach billigem Fusel mit Coleurzucker aussieht. Die Männer passend dazu gekleidet, Shorts, Gummistiefel, oft steckt eine Machete im Gürtel und manchmal auch eine Pistole. Nach einigen Dosen Bier, soll es für uns weiter gehen. Doch wir haben im wahrsten Sinne des Worte „die Rechnung ohne den Wirt gemacht“. Der Ausgang ist uns versperrt und man erklärte uns, wir seien Geiseln. Draussen eine aufgebrachte Menge, keifende, in unsere Richtung spuckende alte Frauen. Ja, so schnell gehts. Am Vortag, so die Erklärung, hätte das Militär einige ihrer Anlagen bombadiert. Dabei hat es Verletzte gegeben. Als ob uns die Goldmafia nicht schon genug beutelt, müsst ihr auch noch unsere Existenzen zerstören. Sie denken wirklich, wir seien von Regierungsbehörden. Und kurzgesagt, wir sollen bei einem erneuten Angriff als Schutzschild dienen. Als sich gegen Abend die Lage noch immer nicht verbessert, habe ich eine aus der Verzweifelung heraus geborene Idee. Ich habe bei meinen Reisen, wohl mehr als Talisman immer meinen alten, seit 1999 ungültigen internationalen Presseausweis mit. Dieses in einem roten Lederetui ,wichtig aussehende Dokument hat mir u. a. auf Toraja/Sulawesi den Weg zum Gouvaneur ( mit dem im mich seitdem duze) geebnet. Abgesprochen mit meinem Guide Araujo, geht dieser erbost auf die vermeintlich Verantwortlichen zu. Schimpfend erklärte er, immer auf mich zeigend, unter seinen Gästen befinde sich ein hochrangiger Diplomat aus Alemania. Zur Bestätigung wedelte ich immer wieder würdevoll und cool mit meinem „ vermeintlichen „ Roten Diplomatenpass“. Ein weiteres festhalten unserer kleinen Gruppe könnte zu grossen Verwicklungen führen. Lässt man uns jedoch frei , so würde der „Deutsche Diplomat“ in Europa auf die Situation der Goldgräber aufmerksam machen. Die Diskussion der Bande dauerte fast die halbe Nacht. Lautstark wollten meist die Frauen unsere Freilassung verhindern. Schliesslich hat es dann doch geklappt und wir machen uns schleunigst „vom Hof“.
Brasilien empfängt uns mit z.T. Grossflächig zerstörtem Regenwald, die kleinen Nebenflüsse des Amazonas sind, wie wir täglich beobachten, sind gut versteckte Umschlagplätze für Kokakainschmugler. Gesteuert von den Drogenbaronen, die gut getarnt im Schutze der Favelas
( Armenviertel) agiren, werden in zahlreichen illegalen Drogenlaboren hergestellte Kokainpakete per Fliessband a la „Parcel Service“ von Lkws in leichten Boote mit PS starken Aussenbordmotoren geladen. Und von dort geht es dann über die zahlreichen unergründlichen Amazonas Nebenflüsse in die Nachbarstaaten. Die Polizei schaut weg, ist oftmals selbst involviert. In Manaus, endlich ein wenig Luxus…in einer alten Kautschukbaron Villa ein eigenes Zimmer und noch besser eine einigermassen funktionierende Dusche. Der Dreck, der rote Staub von mehreren 100 km Fahrt auf der Ladefläche eines Pickup sitzt ziemlich fest.
Nach ausgiebigem Kulturprogramm u.a. Besichtigung der geschichtsträchtigen Oper Manaus und nach etlichen Caipirinjas begann die letze Etappe in Richtung Amazonasmündung. Unsere Hängematten auf einem alten „ Fitzcarraldo“ Amazonasfrachter festgezurrt und die letzten 500 km beginnen.
Etwas Magen/ Darm lädiert, bei 300 Fahrgästen und nur 3 Toiletten sind Hygieneregeln schlecht einzuhalten, kommen wir in Belem an.
Die Grossstadt an der Amazonasmündung, inzwischen gefährlicher als Rio eingestuft ist im Fussballfieber und aufgrund der damit verbundenen Alkoholmengen noch gefährlicher. Offizielle Stellungnahme: Die Chance eines Touristen dort überfallen zu werden liegt tagsüber bei 70%. Nach Einbruch der Dunkelheit bei 90%.
Dennoch heisst es Abschied nehmen „ Tschüss Belem, Tschüss Amazonas, Tschüss liebgewordene Reisegefährten..und Via Sao Paulo, Paris geht es wieder nach Hause
Nach 35 Grad Dschungel empfängt mich Hamburg mit regnerischen 6 Grad und ohne Rucksack….der geistert noch immer, gefüllt mit schmutziger Wäsche irgendwo in der Welt herum.








